Liebe, Realität und Illusion

schweben über der realität

Wahrscheinlich kennt ihr irgendeinen Menschen, der einmal „unsterblich verliebt“ war und der letztendlich sagte: „Ich bin auf eine Illusion hereingefallen.“

Die Psychotherapeuten werden nicht müde, zu erklären, warum wir gegebenenfalls der „Illusion der Liebe“ verfallen, und sie bieten langatmige Erklärungen an. Manche Blogs und Frauenforen geben denjenigen Frauen Raum, die von Enttäuschungen gebeutelt wurden. Dazu der Schlusssatz einer recht langen Beschreibung einer derartigen Illusion:

Ich muss­te schmerz­lich er­ken­nen, dass ich habe eine Il­lu­si­on ge­lebt und ge­liebt habe, die es in der Rea­li­tät nie ge­ge­ben hat.

Beziehungsweise

Pardon, was ist die Realität?

Ich lade euch nun ein, zunächst etwas Ungewöhnliches zu tun: sich mit der Realität zu beschäftigen. Denn da liegt der sprichwörtliche „Hase im Pfeffer“: Was ist denn eigentlich die Realität?

Die Antwort verblüfft zunächst: Es gibt in der Gefühlswelt keine objektiv erkennbare Realität. Wenn es sie gäbe, müssten sie gewogen und vermessen werden können, und ihr könnt euch ja selbst einmal fragen, wie das gehen soll. Indessen gibt es eine „persönliche Realität“, also das, was ich mir unter der Realität vorstelle. Nehmen wir mal an, es hätte gestern geschneit. Der eine erfreut sich an der Realität des unberührten Aussehens. Der andere geht hinaus und baut einen Schneemann. Der Dritte tritt hinaus und stürzt mangels geeigneten Schuhwerks. Das sind alles Realitäten, aber es ist nicht DIE Realität.

Paul Watzlawick schrieb einmal dazu, dass es zwei Wirklichkeiten gäbe, und dass wir Menschen oftmals nicht in der Lage wären, sie für uns zu trennen. Was fatale Folgen haben kann, nämlich:

Wir leben dann unter der naiven Annahme, die Wirklichkeit sei natürlich so, wie wir sie sehen, und jeder, der sie anders sieht, müsse böswillig oder verrückt sein.

In: Wie wirklich ist die Wirklichkeit?

Das führt uns letztlich dazu, dass wir unsere eigenen Annahmen so lange für wirklich halten, bis das marode Fundament wegbricht. In dem zitierten Satz der jungen Frau war dies gerade der Fall.

Gute Argumente für eine Illusion

Wir haben zwei Indizien dafür, dass die Liebe eine Illusion sein kann.

Als Erstes schildere ich euch eine Erfahrung, die wir in der einen oder anderen Art fast alle erleben: die Liebe zu einem Objekt oder einer Vorstellung. Dazu gehört die Liebe zu Gott ebenso wie die Liebe zu einem Kuscheltier. Die Gemeinsamkeit besteht darin, dass wir ein nicht kommunizierendes „Wesen“ lieben können. Nehmen wir mal an, wir hätten statt unseres Stoffhundes später einen lebendigen Hund. Der kommuniziert mit uns, und wir können von ihm auch glauben, dass er uns liebt – aber niemand wird annehmen, dass er uns in gleicher Weise liebt, wie wir ihn lieben.

Das zweite Indiz ist biologischer Natur: Eine Person kann die Liebe in uns zwar auslösen, den Rest aber besorgt unser Gehirn auf infame Weise: Es schenkt uns die Illusion der Liebe als „Verliebtheit“ – und zwar durch Drogen.

Diese Drogen sind hochwirksam und in Verbindung mit einer Tendenz zum illusionären Denken (hineinträumen, Romantik) führen sie dann eben zu der „künstlich aufgebauschten Verliebtheit“, die wir fälschlicherweise als Realität annehmen.

Es gibt eine dritte Beweiskette aus der Kybernetik, die in ähnlicher Weise  auch vereinzelte Psychiater bestätigt haben:

Person „A“ ist auf ihre Art in Person „B“ verliebt – und nimmt illusionär an, Person „B“ wäre in gleicher Weise in sie verliebt.

Person „B“ bleibt dabei aber eine eigenständige Person. Dennoch nimmt auch Person „B“ an, die Person „A“ sei in der gleichen Weise verliebt wie sie selbst.

Im Grunde lohnt es sich nun weder, bei Person „A“ nachzufassen noch bei Person „B“, wenn wir wissen wollen, ob alles „echte Liebe“, bloße Verliebtheit oder eine reine Illusion ist.

Wir könnten, wenn wir wissenschaftlich vorgehen wollten, bestenfalls die „Interaktion“ zwischen A und B untersuchen – und würden dann schon weder verdächtig nahe an ein paar Ideen kommen, die letztlich nur noch Wissenschaftler interessieren – aber nicht dich und mich.

Was dich selbst angeht

Das Erste, was du wissen musst: Deine Gefühlswelt ist für dich real – aber möglicherweise für niemanden sonst. Es ist deine Realität und vorerst nur deine. Wenn du möchtest, dass sie „realistischer“ im Sinne von „allgemeingültiger“ wird, musst du doch darüber austauschen, mit einem Fremdwort: Kommunizieren. Das geht nicht ohne Mühe, will die Gefühle selbst ja schwer zu beschreiben sind. Es lohnt sich aber. Eine zweite Möglichkeit für Liebende liegt auch darin, das gemeinsame Erleben zu bewerten: Je zufriedenstellender von beiden empfunden wird, umso „Wahrer“ ist die Liebe voraussichtlich.

Hinweise: Nachdem die letzten Abschnitte sehr theoretisch wirken, habe ich mich entschlossen, euch eine etwas anschaulichere Version zu schreiben: Sie befasst sich damit, wie wir die Liebe empfinden.
Zitat der Frau :
Beziehungsweise Magazin
Watzlawick: Wie wirklich ist die Wirklichkeit?, München 1976, Internet-Erklärungsversuch
Blog , Neutral und verständlich in in PsyHeu, ziemlich akademisch bei UOL.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht.