Menschen unterscheiden sich normalerweise darin, ob sie lieber verstanden werden oder lieber verstehen.
Laing, Phillipson und Lee „Interpersonelle Wahrnehmung“
Wir erwarten, dass der andere versteht, wie wir ihn lieben. Und wir unterstellen, dass der andere weiß, wie wir von ihm geliebt werden möchten.
Das klingt zunächst eigenartig, weil die meisten Menschen als selbstverständlich voraussetzen, dass uns der andere in nahezu gleicher Weise liebt wie wir ihn. Aber wenn wir genau hinsehen, dann wissen wir gar nicht, wie uns der andere liebt – und wir haben möglicherweise nicht die geringste Ahnung, wie er geliebt werden möchte.
Der Mann, der die entscheidenden Grundsätze zu diesem Thema geprägt hat, heißt Charlie Azzopardi aus Malta und er ist dort Familientherapeut. Für ihn gibt es zwei Grundsätze, die wir in jedem Fall beherzigen sollten:
- Drücke deine Liebe so aus, dass der andere versteht, was du mit ihr meinst.
- Sage dem Anderen, auf welche Art du von ihm geliebt werden möchtest.
Das ist – gemessen an den Maßstäben, die wir normalerweise an die Liebe legen – starker Tobak. Haben wir nicht gelernt, liebevoll „danke“ zu sagen, wenn uns jemand mit Liebe beschenkt? Und gilt es nicht als unfein, eine bestimmte Art von Liebe einzufordern?
Azzopradi würde an dieser Stelle eindeutig widersprechen. Er meint dazu:
Wenn du – wie wir alle – Liebe brauchen, dann musst du lernen, darum zu bitten.
The Book of Love
Es wird nicht leicht sein. Vielleicht machen wir uns keine Freunde damit und schlimmstenfalls verlieren wir dabei einen Partner. Aber vergessen wir nicht, dass sich diese Botschaft an Menschen richtet, die unglücklich über die Art sind, in der sie geliebt werden. Und wie überall in Leibesdingen, würde ich empfehlen, dass du deine Botschaften auf gar keinen Fall als Forderungen formulieren solltest.
Auch das Eingangszitat weist auf die Unterschiede hin: Viele Menschen wollen einfach, dass wir ihre Art zu lieben akzeptieren. Sie wünschen sich, dass wir verstehen, was sie von uns wollen. Und wenn du solch ein Mensch bist, dann sag es in jedem Fall – und setze es nicht voraus. Besser sind hier diejenigen dran, die „lieber verstehen wollen“. Sie versuchen, aus anderen die Bedürfnisse und Sehnsüchte herauszulesen und notfalls gar zu erfragen. Die Mutigsten unter ihnen setzen „Versuch und Irrtum“ ein, um dem anderen liebend zu dienen, ohne die eigenen Bedürfnisse zu vergessen.
Und noch eines wäre zu sagen: In wachsenden und sich entwickelnden Beziehungen wandeln sich die Vorstellungen davon, wie wir geliebt werden wollen. Und das sollten wir nicht nur akzeptieren, sondern es auch goutieren. Denn was Menschen nicht in Beziehungen bekommen, das holen sie sich in der Regel bei der erstbesten Gelegenheit außerhalb. Insofern ist „miteinander reden“ das geringere Risiko.