Liebe und Emanzipation

Neue Töne im neuen Jahrtausend

Als die Frauen auf die Straße gingen, um für ihre Rechte einzutreten, sahen sich manche Herren eigenartig an, doch bereits nach kurzer Zeit war „Gleichberechtigung“ kein offizielles Thema mehr. Das lag daran, das sich die wirtschaftlichen, weltanschaulichen und sozialen Verhältnisse durch die Emanzipation zunächst nicht wesentlich verändert hatten. Nach wie vor konnten Frauen von ihrem eigenen Erwerb kaum leben, und auch ihr Ansehen war das einer „Frau zweiter Klasse“, solange sie nicht verheiratet waren. So nannte man sie denn auch: Sie wurden mit „Fräulein“ tituliert, was zwar eigentlich eine Ehrenbezeugung war, die aber nicht so empfunden wurde. In manchen Teilen Deutschlands wurden die unverheirateten Frauen einfach als „Mädchen“ tituliert und gelegentlich auch so angesprochen.

Als die “Fräuleins” noch gefunden werden wollten

Was die Liebe angeht – die „Fräuleins“ der damaligen Zeit (wir reden von etwa Ende der 1960er Jahre) mussten sich „finden lassen“. Dazu gingen sie auf mehr oder weniger edle Partys, Familienfeste, Tanztees, Tanzlokale und ähnliche gesellschaftliche Ereignisse. Nur wenige „Mädchen“ lernten ihre Partner buchstäblich „im Sandkasten“, auf dem Gymnasium oder beim Studium kennen. Einige ergriffen „Jungmädchenberufe“, wie die Kontoristin, die Friseurin oder die Verkäuferin, die Arzthelferin oder die Krankenschwester. In diesen Berufen gab es dann noch zusätzliche Hoffnungen, „geheiratet zu werden“. Wer bis dahin „keinen Mann gefunden“ hatte, befand sich plötzlich auf der „Resterampe“, wie man spöttisch sagte. Dort eben, wo man Partnervermittler aufsuchte, Heiratsanzeigen schaltete, „schräge Beziehungen“ einging oder sich beim „Ball der einsamen Herzen“ einen Mann für eine Nacht besorgen konnte.

Ökonomie ist stärker als Ideologie

Das gesamte Gehabe dieser Jahre oder Jahrzehnte war überaus verkrampft und einseitig, denn die jungen Frauen konnten sich nicht „leisten“ vom Weg der passiven Partnerwahl abzuweichen – und viele trauen sich bis heute nicht, dies zu tun. Den Wandel brachte schließlich die Ideologie, sondern die Ökonomie.

Frauen werden wirtschaftlich unabhängig – und alles ändert sich

Fühlbar wurde die Emanzipation nicht durch die Botschaften, die damals von den Universitäten und aus Feministinnen-Kreisen kamen. Sie äußerte sich auf einem ganz anderen Gebiet: Immer mehr Frauen strebten bessere Positionen in den Betrieben an, und manche von ihnen sattelten ein Studium „obendrauf“. Dazu kamen immer mehr Gymnasiastinnen, die nicht das „übliche Standardstudium der 1960er Jahre wählten, nämlich den Lehrberuf, sonder Karrieren in anderen Berufen suchten.

Ausgestattet mit wirtschaftlicher Unabhängigkeit und einem gestärkten Selbstbewusstsein wurden die alten, aus dem Bürgertum übernommenen Haltungen abgebaut. Frauen waren nicht länger ausschließlich für Kirche, Küche und Kinder zuständig, sondern richteten sich ihr Leben so ein, wie es ihnen gefiel.

Selbstbewusste Partnerwahl

Mitte der 1980er Jahre gab es mehr und mehr Frauen, die ihre Partner sehr selbstbewusst auswählten. Die Liebe als Alleskleber für an sich unsinnige Beziehungen war ebenso abgewählt wie die Vorstellung, dass eine Frau keine eigene Wohnung beziehen könne oder jedenfalls nicht solle.

Emanzipatorische Pseudo-Themen wie „keinen BH zu tragen“ oder „sich nicht zu schminken“ wichen mehr und mehr einem neuen Lebensgefühl, das man mit „Ich liebe und lebe, wie ich will“ bezeichnet werden kann. In jenen Tagen (und bis heute) machten Sätze wie dieser die Runde:

Ich kann tun, was ich will, hingehen, wo ich will, mich benehmen, wie ich will, und schlafen, mit wem ich will.“

Was kann man über die Liebe der Frauen heute sagen?

An der Liebe teilhaben – wie frau es selber will

Grundsätzlich ändert sich die Liebe im Kern nie, weil sie ein Naturphänomen ist.  Doch im Lichte der gesellschaftlichen Realität wird die Liebe anders angesehen. Sie ist ein Bedürfnis und sie ist erstrebenswert, aber heute keine Verpflichtung gegenüber der Gesellschaft mehr. Zu lieben ist ein wundervolles Gefühl, das nach wie vor gesucht wird – aber nicht zu lieben ist keine Schande. Tatsächlich können Männer heute nicht mehr davon ausgehen, dass die jungen Frauen nur darauf warten, von jemandem „genommen“ zu werden, damit sie an der Liebe teilhaben können.

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